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Pressemitteilung vom 18. September 2010

Zehn Jahre IBA: Eine Lausitzer Erfolgsgeschichte

Über ein Jahrzehnt lang hat die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land die Braunkohlesanierung und den Struktur- und Landschaftswandel im Süden von Brandenburg begleitet. Jedes der 30 IBA-Projekte ist einzigartig - zusammen ergeben sie ein beeidruckendes Netzwerk des Landschaftsumbaus. Seit April präsentiert die IBA ihre Projekte einem internationalen Publikum über Ausstellungen, Touren, Veranstaltungen und das Kunstprojekt „Paradies 2“, in dem die Bevölkerung maßgeblich mitwirkt. Die letzte Inszenierung findet heute Abend nach einem Festakt in Senftenberg statt, bei dem Ministerpräsident Platzeck von Innenminister Rainer Speer vertreten wird.


Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck: “Die Lausitz hat Berge versetzt. Und damit meine ich nicht nur die Millionen Kubikmeter Erde auf der größten Landschaftsbaustelle Europas. Es ist noch etwas anderes in Bewegung gekommen: das Lebensgefühl einer ganzen Region. Das ist die schönste Bilanz der IBA. Dabei macht ein Schauspiel der besonderen Art bundesweit Furore: Der Wandel einer Mondlandschaft zur Seenplatte.” Platzeck dankt ausdrücklich Prof. Rolf Kuhn und seinem Team und allen Partnern für deren Engagement und den langen Atem bei dem Projekt und fügt an: “Ich habe selten ein Langzeitvorhaben erlebt, bei dem es in vergleichbarer Weise gelungen ist, so viele Menschen aus der Region einzubinden und im wahrsten Sinne des Wortes mitzunehmen.”

Karl Ganser, früherer Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung Emscher Park, macht ebenfalls deutlich: „Hier hat sich unendlich viel getan. Und doch ist die ganze Arbeit der IBA nicht gleich auf den ersten Blick sichtbar. Ihr wahrer Wert wird erst in den Jahren danach erkennbar.“ Ganser spricht aus Erfahrung, hatte doch die IBA im Ruhrgebiet nach dem Rückzug der Stein- und Braunkohleindustrie den Emscher-Raum umstrukturiert und erfolgreich zu einer neuen Kulturlandschaft entwickelt. Auch die IBA in der Lausitz sei ein wichtiger Entwicklungsmotor für den Wandel vom Kohlerevier zum Seenland hin zu einer neuen Tourismus- und Wirtschaftsregion. Der Umgestaltungsprozess sei Beispiel gebend für Bergbauregionen in aller Welt.

IBA-Geschäftsführer Rolf Kuhn betont, dass mit der IBA ein für die Region wichtiger Mentalitäts- und Imagewandel stattgefunden hat: „Unsere Überzeugungsarbeit hat sich ausgezahlt. In den Köpfen der Menschen hat sich viel verändert. Stolz auf die Heimat ist wiedererwacht, die Menschen glauben an eine Zukunft in der Region und wollen den Wandel aktiv mitgestalten. Ein neuer Ingenieurgeist macht sich breit. Natürlich ist das nicht auf die IBA allein zurückzuführen, aber mit unseren Projekten haben wir die Region gefördert und der Welt gezeigt, dass die Lausitz den deprimierenden und lähmenden Zustand, der mit dem Zusammenbruch eines Großteils der Industrie zur Wendezeit einherging, überwunden hat. Hier wird wieder mutig, visionär und planvoll Zukunft gestaltet, die industrielle Vergangenheit, das Künstliche, nicht verleugnet sondern als Chance begriffen."


Auf rund 9 Milliarden Euro beziffern sich die Investitionen des Bundes und der Braunkohleländer in die Sanierung der Altlasten des DDR-Braunkohlebergbaus seit 1992. Davon flossen rund 3,6 Milliarden Euro in die Lausitz. Auftrag der brandenburgischen IBA war es, den Prozess des Landschaftsumbaus, für den die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft verantwortlich ist, im Zeitraum von 2000 bis 2010 als Ideengeberin planerisch zu begleiten und mit konkreten Projekten nachhaltige Impulse für die Regionalentwicklung zu setzen. Insgesamt sind rund 46 Millionen Euro in die Struktur der IBA und in ihre Projekte investiert worden, rund 14 Millionen Euro davon stammen vom Land Brandenburg, etwa 2 Millionen Euro von den IBA-Gesellschaftern, den vier Landkreisen Elbe-Elster, Spree-Neiße, Dahme-Spreewald, Oberspreewald-Lausitz und der Stadt Cottbus, sowie 30 Millionen aus Europäischen Fonds, Mitteln aus der Braunkohlesanierung des Landes Brandenburg, Eigenanteilen und privaten Investitionen.

Im Rahmen der IBA entstanden überregional ausstrahlende Projekte wie das Besucherberwerk F60 in Lichterfeld, das als “liegender Eiffelturm” zum Wahrzeichen der Region geworden ist und seit der Eröffnung im Jahr 2002 etwa 840.00 Gäste zählte, jährlich ca. 70.000 Besucher. Der Kampf um andere Industriegiganten wie das Erlebnis-Kraftwerk Plessa und die Biotürme Lauchhammer hat sich ebenfalls gelohnt. 31.000 Besucher und Veranstaltungsgäste waren es 2009 in Plessa, die Biotürme zählten seit ihrer Eröffnung Mitte 2008 mehr als 9.000 Gäste. Diese Relikte sind wichtige Zeitzeugen und als umgenutzte Industriedenkmale zugleich Zukunftszeichen. Auch die IBA-Terrassen haben sich mit rund 80.000 Gästen im Jahr zum etablierten Besucher- und Informationszentrum mitten in der Bergbaufolgelandschaft entwickelt. Schwimmende Häuser, schiffbare Kanäle und die Landmarke sind zum Markenzeichen des neu entstehenden Lausiter Seenlandes geworden. Aus den IBA-Touren in stillgelegte Tagebaue mit anfänglich rund 1.000 und heute über 9.000 Teilnehmern in Großräschen ist sogar ein eigenständiger Bergbautourismus in Welzow hervorgegangen.

Auch nach der IBA soll die Gestaltung der neuen Landschaft mit der Betonung des „Vom-Menschen-Gemacht-Seins“ und nach Kriterien höchster Nutzungs- und Gestaltqualität sowie dem Streben nach Ungewöhnlichem fortgesetzt werden. Aus diesem Grund wird beim Festakt in der Neuen Bühne Senftenberg die „Lausitz-Charta“ verabschiedet als gemeinsames Leitbild für den Umgang mit Bergbaufolgelandschaften. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sich 13 Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft dazu, den Wandlungsprozess im Sinne der IBA fortzuführen, Kreativität und Innovation zuzulassen, und eine vielfältige und multifunktionale Landschaft als Mehrwert erzeugende Investition in die Zukunft zu schaffen.

“Der Landschaftswandel ist ein Prozess und eine IBA immer auch ein Experimentierlabor. Da kann es auch mal länger dauern, bis eine Idee umgesetzt wird - und sie kann auch scheitern wie unser Landschaftsprojekt in Welzow Wüste-Oase. Aber mit acht sich noch in Planung und zwei in der Umsetzung befindlichen Projekten hinterlassen wir unseren Partnern auch Vorschläge für die Zeit nach der IBA”, so Rolf Kuhn. Dabei handelt es sich z. B. um Projekte wie die schwimmende Architektur, darunter ein Erlebniszentrum und ein 1000 Meter langer Steg, um das Lagunendorf Sedlitz, das Besucher- und Informationszentrum „Wasserreich Spree“ oder das Landschaftskunstwerk „Hand“ in Altdöbern. Rolf Kuhn macht deutlich: “Die Weichen sind gestellt. Nun liegt es an den kommunalen Trägern, dem Zweckverband und der Energieregion Lausitz-Spreewald die mit der IBA begonnene Ausrichtung fortzuführen und die Planungen umzusetzen.“ Keines der IBA-Projekte fällt ins Leere. Trägerstrukturen und Projektpartnerschaften sichern das Fortbestehen. Eine Projektübergabe an die Partner ist für den 3. Dezember 2010 geplant. Die IBA mit Sitz in Großräschen läuft offiziell zum 31. Dezember aus. Eine zweijährige, von Prof. Kuhn geführte Liquidationsphase schließt sich daran an.


letzte Änderungen: 26.1.2017 13:13